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Auf was hast du Einfluss? Was glaubst du? Denkst du, du kannst deine Freundin dazu kriegen, dir ein Eis mitzubringen? Denkst du kannst deinen Partner so beeinflussen, dass er das Auto für dich wäscht? Hast du darauf Einfluss?
Wenn das geklappt hat mit den Beispielen von oben, war das dann dein Einfluss? Wirklich?
Gibt es den Einfluss wirklich?
Das mit dem Einfluss ist so eine Sache. Wir Menschen leben in der Illusion, dass wir tatsächlich in der Lage sind Einfluss zu nehmen auf andere, auf Gegebenheiten, auf Situationen, auf Dinge usw.
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Hm, vielleicht erlebst du in deinem Leben, dass sich die Dinge tatsächlich oft genauso entwickeln in welche Richtung du sie zu beeinflussen scheinst. Vielleicht tun die Menschen wirklich das, was du von ihnen möchtest?
Doch nochmal die Frage: War es wirklich dein Einfluss, der das geschehen hat lassen?
Du wirst an meiner Art der Fragestellung merken, dass ich davon nicht überzeugt bin. Wenn wir in Situationen feststecken, die wir gern beeinflussen möchten und es nicht klappt, dann spüren wir unsere Grenzen.
Klar und deutlich wird das z. B. In einem Stau. Du kannst noch soviel Einfluss versuchen auszuüben, deswegen wird sich diese Blechlawine nicht bewegen, bevor es wieder möglich ist.
Auch das Wetter kannst du schwer beeinflussen. Mitten in einem Regenguss deinen Einfluss aufzuwenden um die Sonne wieder scheinen zu lassen? Das klappt eher nicht.
Doch bei Menschen sind wir oft davon überzeugt, dass wir tatsächlich Einfluss haben. Oder auch wir uns umgekehrt beeinflusst fühlen. “Er oder sie hat mich dazu gebracht, das zu tun.” “Nur wegen ihm hab ich das gemacht.” “Sie haben einen schlechten Einfluss auf dich.”
Was bedeutet Einfluss eigentlich?
Wenn wir uns das Wort Einfluss mal näher anschauen, dann ist das ein ziemlich simples Wort: “Ein-Fluss” Was bedeutet das? Es fließt etwas ein. Was ist das, was da einfließt? Das könnten Worte sein, die in uns einfließen oder die wir in jemanden anderen einfließen lassen.
Weitergedacht: Was bedeutet das, wenn Worte in uns einfließen? Wir hören etwas, nehmen es auf und bewerten es.
Das ist ein automatische Reflex. Wir gleichen das Gehörte mit unserem vorhandenen Wissen ab. Möglicherweise trifft das Gehörte auf Resonanz, es ist uns vertraut, kommt uns stimmig vor.
Dazu kommt noch die Art und Weise wie die Worte einfließen. Wie ist die Stimme? Wie reagieren wir auf deren Lautstärke, Modulation, Betonung und Ausdruck?
Wir gehen in Resonanz und bewerten
Der gleiche Wortlaut in verschiedenen Stimmungen fließt auf andere Weise in uns hinein und nimmt auf andere Weise mit unserem Inneren Kontakt auf. Wir sind ein Resonanzboden für alles was uns begegnet.
Das was in uns hinein fließt, wird von uns bewertet. Aufgrund dieser Bewertung werden wir reagieren.
Wenn uns das Gehörte oder die Art der Stimme vollkommen gegen den Strich geht, dann wird das “Einfließende” wohl wenig bis keinen Einfluss auf uns haben. Warum? Weil wir damit in unserem Inneren nicht die Grundlage bieten für eine Reaktion, die im Sinne desjenigen ist, der Einfluss auf uns nehmen möchte.
Wenn wir uns überreden lassen – also Einfluss auf uns ausgeübt wird – dann sind wir vielleicht am Anfang noch widerständig. Manchmal beginnt dieser Widerstand zu bröckeln wenn immer mehr vom Gegenüber versucht wird in uns einfließen zu lassen. Die Reaktion in unserem Inneren kann sich darauf beginnen zu verändern.
Doch nochmal die Frage: Reagieren wir nun, weil der andere uns beeinflusst hat?
Nein! Wir reagieren aufgrund unserer eigenen Bewertungen. Das ist ein Riesenunterschied.
Wir folgen unseren Bewertungen und nicht dem Einfluss von außen
Machen wir uns das das selbst noch einmal vollkommen klar: Wir folgen nicht einem Einfluss von außen, sondern einer Bewertung in unserem Inneren.
Diese Bewertungen sind aus vielen Jahren gesammelt. Angefangen in unserer Kindheit, bis in die Teenagerzeit, als junge Erwachsene und immer reifer werdenden Mensch.
Wir reagieren aufgrund unserer Bewertungen. Diese Erkenntnis ist so wichtig, denn sie kann alles verändern.
Wie oft haben wir das Gefühl, dass wir unter dem Einfluss von anderen stehen. Wie häufig haben wie den Eindruck, dass wir uns so schnell beeinflussen lassen, dass wir manipulierbar sind.
Doch ich muss es nochmal wiederholen: Wir reagieren aufgrund unserer eigenen inneren Bewertungen.
Die gehörten Worte von außen, das Einfließende fungiert nur als Trigger. Es wird einer oder mehrere Knöpfe in unserem Inneren gedrückt und dann kann es passieren, dass eine automatisierte Reaktion durchläuft.
Automatisiert und von uns nicht mehr bewusst gesteuert. Und das kann dann die gefühlte Wirkung hervorrufen, dass wir von außen beeinflusst wurden.
Einfluss ist eine Illusion
Niemand kann dich wirklich zu etwas überreden. Niemand kann dich tatsächlich zu etwas bringen, das du nicht willst, das dir widerstrebt.
Wenn dir jemand eine Sahnetorte mitbringt und dich davon überzeugen möchte, die Torte jetzt auf einmal sofort aufzuessen, wage ich zu bezweifeln, dass du dich dazu überzeugen lässt. Der Einfluss von außen wird nicht dazu führen, dass du die ganze Torte auf einmal isst.
Das ist ein blödes Beispiel? Nun, es mag nicht alltäglich sein, doch es kann dir klar aufzeigen, dass etwas in deinem Inneren passiert, das zu deiner Reaktion führt. Du hast die klare Absage im Kopf, die ganze Torte zu essen. Du weißt, dass dir schlecht werden wird, dass du diese Menge gar nicht bewältigen kannst und vielleicht ist das noch nicht mal eine Torte, die dir überhaupt schmecken würde.
All diese Einschätzungen und Bewertungen laufen in Bruchteilen von Sekunden in deinem Inneren ab und führen zur Ablehnung des Einflussversuches.
Die Betonung liegt hier auf der Geschwindigkeit mit der das ganze im Inneren abläuft. Es ist kein unbedingter, klarer, sichtbarer Denkprozess, der da passiert. Sondern es sind automatisch ablaufende Muster.
Geprägte und gewohnte Muster sind die Grundlage
Da waren sie wieder die Muster. Diese Gefühlsmuster hatten wir schon des öfteren. Genauso gibt es Handlungsmuster. Etwas das wir wie automatisiert tun.
Die Reaktionen, die du so automatisch auf Einflussnahme von außen erlebst, sind ebenso schnell und fast unsichtbar. Wir sind es vielleicht schon viele Jahre gewöhnt, dass wir auf diesen Einfluss auf jene Art reagieren. Doch das ist etwas was wir im Inneren machen.
Vielleicht hast du deine Reaktion noch nie in Frage gestellt. Das kann sogar gut sein. Das Programm läuft einfach durch. Doch das bedeutet nicht, dass du daran nichts ändern kannst.
Achtsamkeit ist immer der erste Schritt zur Veränderung
Der erste Schritt ist immer, das Programm überhaupt einmal wahrzunehmen. Wieso reagierst du immer mit “ja klar”, wenn jemand dich um einen Gefallen bittet? Liegt das wirklich am Anderen?
Nein. Es liegt an deiner Gewohnheit – die schon uralt und gut eintrainiert sein kann – dass sich dieser Automatismus ergibt.
Wenn du eine andere Reaktion möchtest, dann beobachte deine jetzige. Nimm wahr, was in deinem Inneren geschieht, wenn jemand Einfluss auf dich zu nehmen scheint. Betrachte deine Gedanken, nimm wahr was dein Körper macht. Sei ein Beobachter, der wie ein Doktor alles sieht, was es zu sehen gibt.
Bleib die Fliege an der Wand, die beobachtet.
Allein diese Distanzierung kann dir ermöglichen, dass du eine neue Reaktion ausprobieren kannst. Welche das sein könnte, kannst du sogar vorbereiten. Du kannst dir in einer ruhigen Minute überlegen, wie du reagieren möchtest. Dass du z.B. statt dem spontanen “ja”, ein “hm” daraus machst. Danach kommt vielleicht aus Reflex wieder die alte Reaktion, doch der Anfang ist geändert.
Du kannst als nächstes ein “ich überleg’s mir” anschließen. Das mag dann vielleicht auch unter weiterem “Einfluss” wieder in deine Gewohnheit abkippen, doch du hast wieder etwas verändert.
Veränderungen brauchen Zeit und Geduld
Wichtig ist, dass du im Kopf behältst, dass du nicht in einigen Wochen die automatischen Reaktionen von Jahren umstellen wirst. Du solltest dir Zeit zugestehen, die du zum Beobachten und Wahrnehmen hernehmen darfst. Lass dir Zeit damit und sei nicht enttäuscht, wenn sich nicht alles auf Knopfdruck in eine andere Richtung ändern lässt.
Bleib im Training, indem du wahrnimmst. Spiel Situationen in Gedanken durch und probier verschiedene Reaktionen aus.
Dieses Trockentraining kann dir richtig viel bringen. Denn du probierst damit einfach und ohne negative Konsequenzen andere Szenarien durch. Du beginnst dir andere Möglichkeiten vorzustellen und erarbeitest dir mit der Zeit ein anderes Reaktionsspektrum.
So kannst du nach und nach andere Reaktionen einüben und hast immer weniger das Gefühl unter Einfluss zu stehen. Du ergreifst damit die Chance, in deinem Sinne zu handeln.
Auf was du tatsächlich Einfluss hast
Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig für uns zu lernen, dass wir nur auf zwei Dinge wirklich Einfluss haben.
Und die haben nichts aber auch gar nichts mit unserem Gegenüber zu tun. Wir können nicht wirklich Menschen beeinflussen. Wenn jemand etwas macht, das wir wollen, dann weil er sich dazu entschieden hat.
Ob jetzt bewusst oder eines der oben beschriebenen automatischen Muster abläuft, ist dabei irrelevant. Wichtig ist an dieser Stelle, dass wir keinen Einfluss auf andere haben, sondern andere sich für etwas entscheiden, was dann möglicherweise genau das ist, was wir wollen.
Wir mögen einen Trigger beim andern erwischt haben, doch die Reaktion ist aufgrund des Inneren unseres Gegenüber entstanden. Ein wichtiger Unterschied, den wir uns merken müssen.
Du kannst niemanden beeinflussen
Wir haben keinen Einfluss auf andere. So sehr wir dieser Illusion auch anhängen mögen. Denn nichts anderes ist es, eine Illusion.
Die Stoiker waren ziemlich kluge Leute. Sie haben uns klar gesagt, auf was wir Einfluss haben:
Auf unsere Gedanken und auf unsere Taten.
That’s it. Auf nichts mehr und auf nichts weniger. Was ich tue und denke, unterliegt meinem Einfluss. Ende.
Der Wunsch jemanden beeinflussen zu wollen, ist nichts mehr als das. Ein Wunsch.
Keinen Einfluss zu haben, ist das Beste was dir passieren kann
Auf der anderen Seite ist das die beste Nachricht ever. Du bist damit frei. Denn was du machen kannst, selbst machen kannst, ist das was du beeinflussen kannst.
Was danach passiert, was andere machen, wie andere reagieren, liegt nicht in deinem Einflussbereich. Das bedeutet auch, dass die Reaktion nichts mit dir zu tun hat.
Sie hat einzig und allein mit den Denkmustern, Bewertungssystemen des Anderen zu tun. Jeder misst mit seinem eigenen Maßstab.
Wenn wir etwas sagen, was in den Ohren des anderen unverschämt ist, dann ist das seine Bewertung. Jemand anderes kann auf die gleichen Worte vollkommen anders reagieren und fängt möglicherweise zu lachen an.
Es kann uns sogar passieren, dass die gleiche Person einmal grantig und einmal lustig auf den gleichen Spruch von uns reagiert. Das hängt ganz von der emotionalen Situation ab, in der sich jemand befindet.
Das Bewertungsystem ist nicht immer so stabil wie es scheint. Es hängt von vielen Faktoren ab. Nur es unterliegt nicht unserem Einfluss, wie sich das Bewertungssystem eines andern verhält.
Befrei dich von der Illusion des Einfluss
Du kannst zwei Dinge beeinflussen: deine Gedanken und deine Taten. Mehr musst du nicht wissen. Danach heißt es zu leben. Allein diese Erkenntnis sich wahrhaft zu eigen machen, lässt einen ein befreites Leben führen.
Denn diese Erkenntnis spricht dich frei für die Verantwortlichkeit der Gefühle anderer. Denn auch darauf hast du keinen Einfluss.
Du hast ihn nicht. Jemand hat automatische Programme am Laufen und entscheidet sich auf eine bestimmte Art zu reagieren. Mag das nun bewusst sein oder nicht. Du hast keinen Einfluss darauf.
Du bist nicht für die Gefühle anderer Menschen verantwortlich. Und du kannst niemand anderen für deine Gefühle verantwortlich machen.
Das wiederum ist oft für viele ein ganz neuer Gedanke. Denn das machen wir gern. Wir schieben es auf andere, wenn wir uns nicht gut fühlen. Wir geben ihnen die Verantwortung dafür. “Du hast mich traurig gemacht.” “Wegen dir bin ich jetzt grantig.”
Übernimm die Verantwortung für dein Fühlen und Handeln
Es mag sperrig sein, doch DEINE Bewertung macht dich traurig, grantig oder what ever. Nicht der andere. Niemand hat diese Macht über dich. Deine Reaktionen lösen deine Gefühle aus.
Ich weiß, dass das schwere Kost ist, denn damit sind wir plötzlich für alles selbst verantwortlich. Doch wie schon weiter oben geschrieben, ist das eine gute Nachricht. Es löst vermeintliche Abhängigkeiten und macht uns zum Meister unseres Lebens.
Denk mal darüber nach und lass den Gedanken zu, dass das alles genau so ist. Dass du nur auf zwei Dinge Einfluss hast: Auf deine Gedanken und auf deine Taten.
Dass du frei bist, dich für eine andere Reaktion auf etwas von außen zu entscheiden. Das mag nicht so schnell gehen, weil es lang trainierte Gewohnheiten sind, doch das heißt nicht, dass es für immer und ewig so bleiben muss wie bisher.
Du kannst etwas ändern und lernen dir neue Gewohnheiten zu schaffen, neue Bewertungen zu wählen, neue Reaktionen zu üben.
Du hast viel mehr in der Hand als du denkst. Beginne damit achtsam zu werden und es wahrzunehmen was in dir passiert. Verändere dein Denken und Handeln und du veränderst deine Welt.
Nimm Einfluss auf dich. Das ist das einzige worauf du Einfluss hast.
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