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Meditation bringt dir nichts.
Wie jetzt?!? Ein anderes Mal hab ich dir doch noch groß erzählt, warum du meditieren solltest und jetzt soll es doch nichts bringen?
Ja genau. Beides stimmt. Und ich erkläre dir auch wieso ich das so meine:
Du willst dich gern gesund ernähren und trinkst daher morgens zum Frühstück eine Tasse grünen Tee, denn der hat ja soviel gute Eigenschaften. Für den Rest des Tages kippst du dir Kaffee, Cola, Sprite und anderes Zeug rein. Was denkst du wie weit dich dein grüner Tee am Morgen bringen wird in Sachen gesündere Ernährung? Genau, nirgends wohin.
Das gleiche gilt, wenn sich jemand Nahrungsergänzungsmittel ohne Ende reinpfeift und sich dann trotzdem von Kantinenessen, Pizza und Junk Food ernährt.
Was soll das bringen? Dein Körper hat trotzdem mit all dem Mist zu kämpfen, den er verarbeiten soll. Wie soll der Stoffwechsel dann noch mit Nahrungsergänzung umgehen? Genau, er macht die einzig richtige Lösung, das geht einfach wieder raus und du versenkst eine Menge Geld damit direkt im Klo.
Bildquelle: pixabay | James Wheeler
Einmal meditiert, für immer entspannt?
Das mag sich jetzt alles übertrieben anhören, doch es trifft den Kern. Wer morgens für ein paar Minuten meditiert und damit denkt, er hat es damit erledigt und die guten Wirkungen wie hohe Konzentrationsfähigkeit, Ruhe im Inneren usw. werden sich automatisch einstellen, macht sich totale Illusionen.
Meditation ist keine Pille die man einwirft und dann ist alles gut. Meditation ist Teil eines großes ganzen Umdenkens. Nur wenn ich meine Ernährung und meinen Lebensstil insgesamt von ungesund auf gesund umstelle, dann kann der grüne Tee so richtig seine Wirkung entfalten und können mich Nahrungsergänzungen unterstützen. So herum funktioniert das.
Das mit dem “Wasch mich, aber mach mich nicht nass” Wunsch ist ein Ding unserer gesellschaftlichen Denke, von wegen alles muss immer Freude machen und es muss alles schnell gehen.
Veränderung braucht Zeit.
Wir haben unser Gehirn jahrelange auf Ablenkung trainiert und können nicht erwarten, dass sich nach einer Woche mit ein paar Minuten Meditation am Morgen alles ändert. Das kann nicht funktionieren.
Daher bringt dir Meditation nichts, wenn du den Rest des Tages genauso weitermachst wie bisher. Dann kannst du es auch wieder lassen. Harte Worte? Ehrliche Worte.
Dandapani, ein hinduistischer Mönch und Lehrer bringt das glasklar auf den Punkt:
“Nur wer wieder lernt sich zu konzentrieren, dem wird Meditation helfen können.”
Wir müssen wieder lernen uns in unserem Alltag zu konzentrieren, dann bringt die Meditation die gewünschten Ergebnisse. Doch was machen wir? Wir trainieren unser Gehirn auf Abgelenktsein. Darauf, dass wir nicht konzentriert sind, dass wir ständig von einem Thema zum nächsten hopsen.
Bist du da oder schon wieder fort?
Wir sind selten wirklich da, wo wir gerade sind. Versuchen zwei Sachen auf einmal zu machen und hören nicht mehr zu, wenn wir in einem Gespräch sind.
Während des Essens wird auf dem Handy gesrcollt und das gleiche passiert in Meetings, in dem unter dem Tisch die Mails und der Facebook Stream gecheckt werden. Das Handy liegt auf dem Tisch beim Abendessen und neben dem Fernseher ist es sowieso immer parat.
Wir sind nicht mehr in der Lage an einer Sache dran zubleiben. Unsere Konzentrationsfähigkeit geht gegen 0. Daher erleben viele Menschen die Meditation als anstrengend und als etwas das ihnen überhaupt nicht gut tut, wenn sie damit beginnen.
Da sie in der Meditation in die Stille gehen, hat ihr Kopf so richtig Gelegenheit los zulegen und endlich mal alles auf den Tisch zu packen, was ständig untergeht und weg geschoben wird.
Viele Menschen sagen daher, “wenn ich versuche zu meditieren, geht mir noch mehr im Kopf herum als sonst schon.” Tja, kein Wunder, wenn wir uns nie die Zeit nehmen zur Ruhe zu kommen.
Die Lösung dieses Dilemmas ist Übung im Alltag
Was lässt sich also tun?
Das Ziel ist ganz klar, wir müssen wieder lernen uns zu konzentrieren. Dandapani hat da einen einfachen Rat auf Lager:
Übe in deinem Alltag bei jeder Gelegenheit dich zu konzentrieren. Dich auf die Sache zu konzentrieren die jetzt gerade ansteht, die du jetzt gerade machst.
Es gibt diesen alten Spruch aus dem Buddhismus:
Wenn du gehst, dann gehe, wenn du sitzt, dann sitze und gehe nicht schon, wenn du noch sitzt.
Wir sind in Gedanken immer schon in der Zukunft oder wir beschäftigen uns mit etwas Vergangenem. Selten jedoch sind wir wirklich da. Im Hier und jetzt. In der Gegenwart.
Wirklich da, mit den Menschen, mit denen wir gerade sprechen. Wirklich da, bei der eMail dir wir gerade schreiben. Wirklich da beim Essen, das wir gerade zu uns nehmen.
Es erscheint uns wie Zeitverschwendung uns nur auf eine Sache zu konzentrieren wenn wir doch während dessen schon etwas anderes machen könnten. Wieso sollten wir nur essen, wenn wir dabei gleichzeitig alle möglichen Sachen im Handy checken könnten?
Unser Gehirn ist inzwischen darauf geeicht, dass es ständig so viele Impulse und Inputs bekommt. Es wird süchtig danach und daher fällt es uns auch so schwer, dass wir das wieder abstellen. Wir wollen es gar nicht mehr abstellen, weil das unser normaler Modus ist.
Doch so wird das nix mit innerer Ruhe und Zufriedenheit.
Nutze jede Gelegenheit in deinem Tag dich zu konzentrieren
Falls du jedoch daran interessiert bist, ein Leben zu führen, in dem du zufrieden und mit Energie deine Sachen vorwärts bringen kannst, tiefe Beziehungen führst und dein Inneres aufgeräumt ist, dann kannst du das wieder erreichen.
Das Üben des Konzentrierens im täglichen Alltags ist nichts grundlegend schwieriges, du brauchst dafür keine besonderen Fähigkeiten. Das schwierige wird sein, dass du anfangs ständig wieder von vorne anfangen musst, weil du – zack – wieder aus der Konzentration gefallen bist.
Wie kannst du anfangen? Starte an deinem Morgen. Wenn du im Bad stehst und Zähne putzt, dann putze Zähne. Denk nicht schon an alles, was heute auf dich zukommen mag, sondern sei ganz beim Zähneputzen.
Das mag sich albern anhören und auch anfangs albern anfühlen. Wieso sollte ich jetzt das Zähneputzen wieder so genau wahrnehmen? Das kann ich doch schon und mein Hirn ist gut im Automatisieren. Doch genau darum geht es. Es geht darum, dass du hier bist. Wo du gerade bist.
Nimm alles am Zähneputzen wahr. Die Zahnbürste, das Gefühl an den Zähnen, den Geschmack, das Wasser beim Ausspülen. Gleiches in der Dusche. Sei beim Duschen wirklich da und spüre das Wasser an deinem Körper. Nimm alles wirklich wahr. Sei beim Abtrocknen auf das Abtrocknen konzentriert.
Wenn du dein Frühstück machst, dann sei ganz konzentriert auf das Frühstück machen. Nimm es mit deinen Sinnen wahr wie es schmeckt, wie es riecht, wie es dir gut tut.
Übe so im Laufe deines ganzen Tages immer wieder konzentriert zu sein auf das was du gerade machst. Wenn dich andere Gedanken plagen oder dir dazwischen kommen, lass sie los und konzentriere dich wieder auf das was du gerade machst.
Diese stete und kleine Übung ist das was man eine Ernährungsumstellung nennen würde. Du stellst dein Gehirn von Junkfood-Denken auf fokussiertes Denken um. Das ist ein Prozess und gelingt nicht von heute auf morgen.
Du gewinnst mit jedem Mal, wenn du es schaffst, dich auf eine Sache zu konzentrieren. Wenn du es schaffst, ganz bei einer Sache gedanklich zu sein. Dann kannst du dir schon gratulieren und auf die Schulter klopfen. Genau um diese Momente geht es. Mehr davon in deinem ganz normalen Alltag zu haben. Mehr von diesen fokussierten Momenten.
Kleine Schritte führen dich weit
Je öfter dir das gelingt, um so mehr wirst du die Wirkung spüren bei allem was du tust. Und deine Meditation am Morgen ist dann der wirkliche Katalysator, da diese Praxis dir die richtige Unterstützung geben kann wenn du sie mit in deinen Tag nimmst. Es ist nichts Isoliertes mehr bei dem du dich nur am Morgen für ein paar Minuten hinsetzt.
Nein, auf diese Weise integrierst du die Energie deiner Meditation in deinen gesamten Tag. Du wirst ruhiger werden im Inneren, du wirst dich nicht mehr so schnell angegriffen fühlen und starke Emotionen werden dir insgesamt weniger zusetzen können.
Das wirst du im Zusammensein mit anderen Menschen spüren. Weil die Gespräche sich verändern werden. Nicht unbedingt die Inhalte, obwohl das auch sehr häufig der Fall ist, dass man plötzlich tiefere Gespräche führt, sondern die Verbindung zwischen dir und deinem Gegenüber wird sich vertiefen.
Denn du bist ja jetzt wirklich da, und nicht mit einem Auge auf deinem Smartphone oder in Gedanken schon beim Einkauf den du noch erledigen musst. Das ist für den anderen spürbar. Genauso wie du es spürst, wenn jemand in einem Gespräch wirklich anwesend ist und dir seine volle Aufmerksamkeit schenkt.
Ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen ist eines der größten Geschenke die wir bekommen können und die wir geben können. Ein Unterschied wie Tag und Nacht zu all den “junk-food” Begegnungen die wir den ganzen Tag haben.
Wir lechzen im Inneren nach dieser ungeteilten Aufmerksamkeit, denn das ist es was uns ganz erfüllen kann. Wenn wir sie geben und wenn wir sie bekommen.
Wenn du mehr davon in deinem Leben haben möchtest, dann beginne sie zu schenken. Eine wunderbare Übung für deine Konzentration ist es, in Gesprächen wirklich da zu sein. Nicht schon bei dem was du gern sagen möchtest, sondern wirklich zuhören, wahrnehmen und Anteil nehmen an dem was der andere zu sagen hat. Was für ein Geschenk!
Manche Menschen reden einfach deshalb so viel, weil sie ständig das Gefühl haben, ihnen hört eh niemand richtig zu, sie werden nicht gehört und denken, sie müssen sich auf diese Weise unbedingt die Aufmerksamkeit des anderen sichern, in dem sie pausenlos reden.
Doch du wirst sehen, wenn du einfach nur zuhörst, diesen Menschen reden lässt, weil er dieses Bedürfnis hat und du zuhörst, wirklich zuhörst, wahrnimmst, wie jemand etwas sagt ohne groß in eine Diskussion einzusteigen, dann wirst du erleben, dass sich dein Gegenüber irgendwann müde geredet hat, dass er tatsächlich alle Worte losgeworden ist, die er loswerden wollte, erschöpft wirkt und leer. Im wahrsten Sinne des Wortes leer geredet. Jetzt kann die wirkliche Kommunikation beginnen.
Ich weiß, dass dazu nicht immer die Zeit ist, doch ich wollte es nicht unerwähnt lassen, da wir so oft klagen, keine richtigen Gespräche mehr zu führen und selbst einen großen Teil dazu beitragen in dem wir anderen auch nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit schenken die wir uns selbst wünschen.
Um an den Anfang diesen Artikels zurück zu gehen:
Meditation bringt dir nichts, wenn du es wie eine Pille betrachtest, die du am Morgen einwirfst und ansonsten nichts in deinem Tag änderst.
Meditation bringt dir sehr viel, wenn du wieder lernst dich zu konzentrieren und diese Fähigkeit im Laufe deines Tages kultiviert und übst.
Dann nimmst du die Kraft der Meditation mit in deinen Tag. Dann lernst du wieder was ungeteilte Aufmerksamkeit ist und kannst sie anderen schenken. Auf diese Weise wirst du ungeteilte Aufmerksamkeit zurückbekommen.
Das ist die Grundlage für ein intensiv geführtes und gespürtes Leben. Wirklich anwesend sein in deinem Leben, konzentriert und wahrnehmend auf das was du gerade tust und diese ungeteilte Aufmerksamkeit in Gemeinschaft mit anderen erleben.
Das ist ein reiches Leben. Möchtest du das nicht auch haben? Dann übe dich in Konzentration.
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Hallo, sehr interessant! Bin ein Fan von Meditation, jedoch auch offen für Kritik an der Meditation und an den – fast immer männlichen! – Meditationslehrern. Sehr aufschlussreich dazu: “Warum Mönche meditieren müssen” von Victoria Rationi!
LG Helene
Hallo Helene, danke für deine Gedanken dazu. Dass es tatsächlich nur sehr wenige Meditationslehrerinnen gibt, find ich auch interessant. Zumindest wenig sehr bekannte. Im kleineren Kreis gibt es viele Yoga-Lehrerinnen z.B. die auch Meditation unterrichten. Dein Buchtipp klingt interessant!
Hey :) Ein sehr schöner Beitrag. Danke für die Infos!
Vielleicht können sie mir bei einem Gedankengang mehr Klarheit geben.
Anhand einer Aussage eines Coaches bin ich etwas verunsichert bzgl. der Meditationspraxis.
Seine Aussage war ca wie folgt: ,,Viele flüchten sich in die Meditation anstatt sich ihren richtigen Problemen zu stellen bzw. die Frage zu stellen wo ihre Probleme eigentlich liegen.´´
UND
,,Wenn du nicht auch im Alltag ,,meditieren´´ kannst brauchst du dich auch nicht für 10 Min. hinsetzen.´´ (hier nimmt gerade ihr Artikel Bezug darauf)
Ich leide derzeit sehr unter einer stressigen/herausfordernden Phase in meinem Leben und bin quasi dauerhaft im Stress und im Machen, Erledigen etc.
Komme kaum runter. Also habe so gut wie keinen Zugang dazu wie es ist mal 10 Min. rein gar nichts zu machen und seine Gedanken loszulassen.
Mir hilft es ungemein, wenn auch nur für 10 Min., durch eben diese kurze Zeitspanne überhaupt erstmal wieder Zugang zu diesem Gefühl zu haben. Obwohl ich es im Alltag noch nicht wirklich schaffe Fokus/Konzentration und im JETZT sein zu etablieren sind diese 10-20 Min. am Tag ein Segen für mich.
Also ich setze mich wie er sagt, dass es quasi nichts bringt, für den Anfang erstmal nur 10-20 Min. am Tag hin und schaffe es noch kaum im Alltag zu ,,meditieren´´
Gleichzeitig ist es ja aber generell eine Tatsache das Meditation den Energiefluss wieder ins Gleichgewicht bringt, den Körper runterfährt, regeneriert, entschleunigt.
Sind diese ganzen Effekte quasi ,,wertlos´´ und die Zeit ist eine Verschwendung wenn man erstmal nichts im Alltag ändern kann?
Oder gehe ich schon richtig in der Annahme das Meditation auch ein Startpunkt sein kann, eine Stütze für den Anfang um in die Ruhe kommen zu können. So sehe ich es nämlich an.
Gerade wenn man die meiste Zeit des Tages gestresst ist und kaum aus dieser Spirale rauskommt ist es ja hilfreich 10-20 Min. am Tag dadurch mitzubekommen wie es eigentlich ist Ruhe und Konzentration zu haben um darauf aufbauen zu können.
Oder sollte man es rückwärts sehen und erst im Alltag anfangen bevor man in der Stille meditiert?
Bisher konnte ich noch nichts negatives/viel contra gegenüber Meditation lesen bis auf eben diesen Punkt mit der Flucht oder der Alltagskonzentration. Quasi jeder hat positive Erfahrungen bzgl. regelmäßiger Meditation gemacht und empfiehlt es uneingeschränkt weiter, aber bei diesen Punkten kam ich ins Stocken/Zweifeln.
Ich finde da eben keine für mich schlüssige Antwort und wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie darauf eingehen und mir vielleicht Impulse geben könnten.
Liebe Grüße Nils
Hallo Nils, danke für deine Geduld auf meine Antwort. Da ich den Kontext der Aussage des Coaches nicht kenne, möchte ich auch ganz ungern eine pauschale Antwort darauf geben. Aus meiner Sicht ist Meditation in Verbindung mit dem Ziel und Wunsch achtsamer im Alltag zu werden keine Flucht. Meditation kann natürlich keine Therapie oder das Arbeiten an bestimmten Themen ersetzen. Doch es kann viel dazu beitragen, innerlich zur Ruhe zu kommen und sich dadurch besser wieder den Themen im Alltag widmen zu können.
Aus dieser Warte gesehen ist mir auch nochmal wichtig, etwas klarzustellen. Ja, nur 10 Minuten Mediation allein werden nicht viel ändern. Und doch sind sie ein Anfang. Und als genau das sollten sie betrachtet werden. Es gilt erstmal eine gute Gewohnheit aufzubauen und das beginnt eben mit diesen kleinen und regelmäßigen Zeiteinheiten.
Daher ist meine Empfehlung, unbedingt dabei diese kleinen Zeiteinheiten zu starten und dann im Laufe der Zeit weitere Zeitpunkte hinzuzufügen. Z.B. Mittags eine kurze Auszeit nehmen und sich für ein paar Minuten zurückziehen. Genauso abends. Sich immer wieder mal mit einem eingestellten Reminder am Handy an Achtsamkeit und bewusstes Atmen zu erinnern.
All das braucht Zeit, doch wer dranbleibt und mit dem Wunsch an die Sache herangeht, dass immer mehr Präsenz und Achtsamkeit im Alltag einziehen soll, der wird auch die regelmäßige Praxis durchziehen können. Wenn du noch weitere Fragen hast, dann gern auch eine eMail schreiben. Alles Gute für dich!