Unsere Kontakte haben einen großen Einfluss darauf, wie es uns in unserem persönlichen und im beruflichen Leben geht. Das lässt sich gar nicht trennen. Viele Menschen fühlen sich jedoch damit überfordert Kontakte zu halten und haben eher das Gefühl, dass ihnen das alles über den Kopf wächst.

Genau darüber möchte ich mich heute mit dir unterhalten und dir dabei eine Denkweise anbieten, die helfen kann, das Thema Kontakte neu zu durchdenken.

Foto von Sebastian Pena Lambarri auf Unsplash

Mein Netzwerk-Leben

Da für mich Netzwerke schon seit dem Beginn meiner Selbständigkeit im Jahr 1995 eine große Rolle spielen, hab ich persönlich mit vielen direkten Kontakten bei LinkedIn, Followern bei Instagram, Facebook, X und Co., ehrenamtlicher Netzwerkarbeit in verschiedensten Bereichen als Moderatorin, Vorstandsmitglied, Organisatorin und was weiß ich noch alles eher das Gefühl mich wie ein Fisch im Wasser zu bewegen.

Mir fällt das meist überhaupt nicht auf, dass ich so viele Leute in meinem Netzwerk habe. Erst wenn ich nach etwas gefragt werde und ich dann gleich ein paar Namen parat habe, sprechen mich die Leute an, wie ich das wohl machen würde. Hm, eine gute Frage.

Spätestens seit dem Buch von Malcom Gladwell ‘Der Tipping Point’ wissen wir, dass es verschiedene Kategorien von Menschen gibt im Hinblick auf Informations- und Netzwerkverhalten. U.a. gibt es den Broker, der Informationen und Kontakte nicht nur sammelt, sondern sie auch gleich weiter gibt.

Diese Einteilungen sind keinerlei Wertung, sondern lediglich Feststellungen von Verhaltensweisen und Vorlieben verschiedener Menschen. Und ich denke, dass ich mich durchaus zum Typ des Brokers zählen kann. Was eben bedingt, dass mir das einfach liegt, mit vielen Menschen in irgendeiner Form verbunden zu sein. Wie nun diese Verbindung aussieht, ist wieder eine ganz andere Frage. Und selbstverständlich gibt es Unterschiede im Kontaktverhalten und das ist auch gut so.

Das mag jetzt alles seltsam anmuten, wenn ein zutiefst introvertierter Mensch über Freude am Netzwerken spricht, doch es kommt eben darauf an, wie man die Kontakte pflegt. Es bedeutet nicht, dass man jede Woche auf drei Veranstaltungen rennen muss, sondern es sind bewusste Entscheidungen im Verhalten, die mir ermöglichen neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu pflegen.

Die besten und coolsten Aufträge hab ich häufig über Kontakte bekommen. Ob das Kontakte sind, die ich über Konferenzen geschlossen habe, ob das Teilnehmer:innen an meinen Kursen und Vorträgen waren, oder ob sich das bei der ehrenamtlichen Arbeit ergeben hat.

Man weiß nie, wie sich Kontakte entwickeln können. Solange du dir eine gewissen Neugier und Offenheit bewahrst, davon Abstand nimmst, dass einem Kontakte “sofort etwas bringen müssen”, hast du die große Chance interessante Menschen kennenzulernen und dich mit ihnen auszutauschen. Das ist für mich Netzwerken.

Kontakte gibt es in vielen Ebenen. Manche stehen uns naturgemäß näher und manche sind entfernter. Das alles in einem großen Zusammenhang zu sehen, hilft oft damit umzugehen.

Kontakte sind wie deine Klamotten

Lass uns einen Vergleich mit der eigenen Kleidung aufmachen:

Es gibt verschiedene Schichten, die wir nacheinander anziehen. Normalerweise beginnt das Procedere mit Unterwäsche, dann folgen Shirt, Hose, ein Pulli und zum Schluss Jacke oder Mantel. (Es mag wohl Moderichtungen geben, die das ganze umkehren, doch die lass ich jetzt mal außen vor :-)

Für mich ist dieses Modell eine witzige Metapher für’s Netzwerken.

Wenn du mir noch nicht ganz folgen kannst, bitte ich kurz um Geduld, gleich wird sich das Rätsel lösen.

Beim Nachdenken über mein Umgehen mit vielen Kontakten bin ich bei mehreren wesentlichen Gedanken hängen geblieben, die ich schon immer einhalte, bestimmt auch oft unbewusst. Vielleicht nützen sie dir ebenfalls.

Enge Freunde und Familie – die Schicht, die dir am nächsten ist

Menschen sind soziale Wesen. Wir verhungern seelisch, wenn wir keine Kontakte haben. Besonders wichtig sind hierbei vertrauensvolle Begegnungen in der Familie und mit Freunden, die uns ein sicheres Gefühl geben. Diese “Kleidungsschicht” ist uns am nächsten. Dazu gehören der Partner/die Partnerin und enge Freunde (hier ist die deutsche Sprache bereits ein deutlicher Hinweis auf die Nähe, die wir mit diesen Menschen pflegen).

Alles, was du in dieser Ebene investierst, wirst du tausendfach wieder zurückbekommen. Nebenbei bemerkt, sind genau diese regelmäßigen Kontakte ein wichtiger Baustein um Burnout vorzubeugen und ein Gradmesser für ein langes, gesundes Leben.

Opfere die Zeit mit deinen engsten Freunden nicht einer fremdbestimmten Geschäftswelt. Denn es wird, wenn es dir gesundheitlich nicht gut gehen sollte, mal ganz krass ausgedrückt, dir kein Geschäftsführer das Händchen halten, eine Freundin dagegen schon.

Wie sieht es also mit dem Zustand deiner “Unterwäsche” aus?

Wie pflegst du den Kontakt mit deinen Freunden? Das kann über Telefonate laufen, oder Treffen (real oder virtuell). Oder sich per Nachrichten austauschen. Das kann auch Lücken haben, wenn grad alles chaotisch läuft, doch wir sollten immer wieder anstreben mit den Menschen die uns nahe stehen, in einem guten Kontakt zu sein.

Gespräche mit Freunden sind für uns alle ein wichtiger Katalysator, dienen als Entlastung und stärken eine gefühlte Verbindung. Was uns wiederum Kraft schöpfen, lachen, befreiter fühlen lässt. Diese Faktoren sind in unserer Zeit ganz elementar, um uns selbst im Leben zu verorten.

Überleg doch mal wie du Rituale mit deinen engsten Freunden – der “Kleidungsschicht” die dir am nächsten ist, in deinen Alltag integrieren kannst.

Ein heißer Tipp: Schreib dir diese Termine in den Kalender. Sie sind mindestens genauso wichtig wie alle anderen Termine, wenn nicht noch wichtiger. Erstens hat alles, was im Kalender steht, eine größere Chance stattzufinden und außerdem siehst du damit visuell immer wieder die Wichtigkeit. Denn es steht im Kalender.

Bekannte, Kolleg:innen, Vereinskolleg:innen, Geschäftspartner:innen, Stammkund:innen – die “mittlere Kleidungsschicht”

Wenn wir bei unserer Metapher bleiben, dann folgen jetzt die nächsten Kleidungsstücke. Hose, Hemd, Shirt, Bluse, Rock.

Übertragen in die Netzwerkschicht ist das unser weiteres soziales Umfeld, in dem wir uns häufig bewegen. Mit diesen Menschen haben wir immer wieder Kontakt und tauschen uns aus. Sie wissen höchstwahrscheinlich nicht die persönlichsten Dinge über uns, doch kennt man sich durchaus ganz gut.

Genau dieser Unterschied ist es, der den Unterschied macht und den wir persönlich berücksichtigen sollten. Unsere innersten persönlichsten Gedanken sollten unserem innersten Kreis vorbehalten sein.

Genauso geht es uns mit dem Innersten von anderen, die uns nicht so nahe stehen. Vielleicht ist dir das auch schon mal passiert, dass du in einem Gespräch unangenehm berührt warst, ob der intimen Details die die Gesprächspartnerin dir im Verlauf mitteilte.

Das ist oft ein Hinweis, dass Gedanken ausgesprochen werden, die dem bestehenden Kontaktverhältnis nicht angemessen sind und dieses belasten. Das kannst du durchaus ansprechen, denn ansonsten besteht meist die Tendenz, sich aus diesem Kontakt zurückzuziehen.

Nichtsdestotrotz ist es auch in diesem Kreis angebracht dir zu überlegen, mit wem du denn in welcher Form Kontakt halten möchtest. Eine Möglichkeit sind z. B. Monatsbriefe. Wer jetzt an Newsletter denkt, hat möglicherweise recht oder doch ist damit etwas anderes gemeint.

Die ursprüngliche Idee dazu sind Familienbriefe. Wer eine verstreute Verwandtschaft hat und dieser doch zumindest einmal oder zweimal im Jahr erzählen wollte, was sich so getan hat, schrieb ganz einfach immer wieder während des Jahres an einem Brief weiter. Wie eine Fortsetzungsgeschichte quasi.

An Weihnachten oder zu Silvester wird der komplette Brief kopiert und versendet. Das geht natürlich genauso per Mail, doch das mit der Schneckenpost zu machen, hat immer mehr einen Seltenheitswert und damit einen ganz besonderen Charme.

Eine Abwandlung davon sind Monats- oder Quartalsbriefe. Mit Geschäftspartnern lässt sich so etwas wunderbar verwirklichen. Denn dir kommen bestimmt immer wieder Info-Schnippsel unter, die nicht nur für dich interessant sind.

Sammle doch diese Sachen eine gewisse Zeit. Ob virtuell oder tatsächlich in Papierform, spielt dabei keine Rolle. Einmal im Monat oder Quartal schickst du dann alles zusammen mit einem kurzen, freundlichen Anschreiben weiter. Auch das lässt sich durchaus dupliziert für mehrere Personen(gruppen) anwenden.

Oder im Bekanntenkreis: Wir wär’s denn mit einem regelmäßigen Kinoabend? Oder…oder…oder… Bekanntenkreise zu mischen hat oft schon interessante Begegnungen angestoßen.

Im Geschäftsleben ist das gemeinsame Mittagessen das Mittel der Wahl, um Kontakte zu halten und zu pflegen. Auch das lässt sich systematisieren und ritualisieren.

Geh doch mal mit anderen Kolleg:innen als üblich zum Essen. Oder vielleicht auch mit Kund:innen, die dich gern öfter sprechen wollen. Wen hast du denn in einem nahen Radius um dich herum? So dass es möglich ist, sich einem Restaurant o.ä. durch kurze Wege treffen zu können?

Social networks wie LinkedIn, Facebook, Instagram und viele mehr – der große “Mantel” drumherum

Es geht hier keineswegs um enge Bande, die geknüpft werden, sondern um lockere Vernetzungen die viele Menschen in einen gewissen Zusammenhang bringen.

Wer ernsthaft versucht, regelmäßigen und dazu noch persönlichen Kontakt mit seinen kompletten virtuellen Kontakten zu pflegen, wird zu nichts anderem mehr Zeit haben und auch dann nur einen Bruchteil aller mit ihm vernetzten Menschen erreichen.

Es lohnt, sich hierzu grundsätzlich ein paar Gedanken zu machen: Zum ersten, wieso möchte ich denn gern in diesen Netzwerken selbst überhaupt präsent sein? Dieser Frage liegt eine Grundprämisse des Netzwerkens zugrunde.

Denn Netzwerken bedeutet (in meiner Definition), dass ich selbst etwas beitrage, um daraufhin auch etwas zu erhalten. Und das in dieser Reihenfolge. Es geht für mich nicht ums wahllose Sammeln von Kontakten, denn eine Kontaktzahl von über 1000 bedeutet nicht, dass du damit ein wertvolles Netzwerk hast.

Also, frag dich ernsthaft wieso du einer virtuellen Gruppe, einem Netzwerk beitreten willst. Wenn dir dazu keine Antwort einfällt, die auch noch in ein paar Monaten Gültigkeit hat, dann wäre es möglicherweise eine gute Idee, sich den Beitritt zu sparen.

Wenn wir über Netzwerke vor Ort sprechen, ist diese Frage ein wichtiger Aspekt: Wie viel Zeit möchtest du denn gern mit und in diesem Netzwerk verbringen?

Dafür ist es oft ganz gut, sich eine gewisse Testphase zu geben. Nicht umsonst gibt es bei den Wirtschaftsjunioren, beim Bund der Selbständigen, den Toastmasters und vielen mehr ein Gasthalbjahr.

Dieses bietet die Möglichkeit sich das Netzwerk, die Beteiligten und das dort übliche Procedere anzusehen und aufgrund der persönlichen Erfahrung dann zu entscheiden, ob es zu einer Dauermitgliedschaft kommt.

Das gleiche kannst du auch für virtuelle Gruppen-Netzwerke umsetzen. Überleg dir einen Zeitpunkt an dem du Resümee ziehst und dich entscheidest zu bleiben oder zu gehen.

Kontakt zu dir

Damit bin ich auch schon fast am Ende angelangt. Zum Abschluss eine Sache, die mir sehr am Herzen liegt, widerspricht nun allem oben stehenden:

Nimm dir regelmäßig Zeiten in denen du nur den Kontakt zu dir selbst pflegst. Plan diese Zeiten wie Geschäftstermine ganz bewusst in deinem Kalender ein. Stell Handy, Telefon und Computer ab. Pflege Stille und Nichtstun.

Wir brauchen diese Auszeiten, um wiederum mit allen anderen Zeiten klar zu kommen. Auch mit den vielen Kontakten mit denen wir jonglieren. Gerade zum Ausgleich zu Kontakten nach außen, brauchen wir den Kontakt zu unserem Innersten. Das gilt auch für extrovertierte Menschen.

Pflege diese Balance.

Führe ein erfolgreiches Leben ohne auszubrennen!

 

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