Was du vom Tod lernen kannstDer Tod ist in unseren Breitengraden kein gern gesehener Geselle. Zu grausam ist sein Werk.

Er nimmt Leben ohne Rücksicht. Niemand entkommt ihm. Alle sind vor ihm gleich.

Diesen Sonntag hat er meine Schwester mitgenommen. Sie war schwer krebskrank und nun ist es vorbei. Der letzte Atemzug getan, der letzte Herzschlag verklungen. Das Leben? Zu Ende.

Die Frage nach dem Warum drängt sich auf. Sie bleibt so sinnlos wie eh und je. Der Tod ist, was er ist. Ein Ereignis, das ein Leben erst zu einem Leben macht. So wie die Dunkelheit das Licht zum Licht.

Jedes Dasein ist ein Kreislauf von Werden und Vergehen. So ist der Lauf der Zeit. Egal wieviel Widerstand man dieser Tatsache entgegensetzen mag, es wird sich nichts daran ändern.

Im Augenblick der Geburt beginnt unser Sterben.

Und das Leben? Nehmen wir es wichtig? Leben wir, weil unsere Tage ausgefüllt sind mit arbeiten, Haushalt, Familie, Hobby, Freunde? Ist es das geschäftig sein, Stress haben, tausend Sachen erledigen, innehalten, zur Ruhe kommen?

Leben wir, wenn wir glücklich sind? Ist das das Ziel aller Suche?

Glücklichsein ist schon ein guter Anfang. Doch daran fehlt mir noch etwas. Oder anders gesagt, es gibt etwas das darüber hinaus geht, größer ist als das Glück:

Das Leben annehmen.

So wie es sich jetzt gerade zeigt. Aufhören Widerstand zu leisten.

Das hört sich jetzt vielleicht ziemlich esoterisch an, doch ich mein das vollkommen ernst.

Hör auf Widerstand zu leisten und nimm das Leben an. Hör auf dich gegen Tatsachen zu wehren, die du nicht ändern kannst.

Kummer kommt oft in Wellen und manche davon hat mich heute schon überrollt. Ungefragt, ohne Vorankündigung. Ich gehe mit ihnen. Gehe mit dem Leben wie es sich zeigt. Jetzt.

Wenn mich der Tod eines lehrt, dann das Leben.

Damit meine ich nicht unser durch den Tag sausen, todos abarbeiten, Pflichten erfüllen und ein wenig die schönen Seiten zu genießen.

Ich meine damit, zu leben, wenn wir durch unseren Tag sausen. Es wahrzunehmen, die Welt wahrzunehmen. Die eigenen Gedanken nicht so wichtig nehmen, lieber mein Gegenüber wirklich wahrzunehmen. Wirkliches Dasein. Anwesend sein. Hier sein. Jetzt.

Warum erscheinen uns schöne Urlaubsreisen beim Erleben so kurz und beim Erinnern so lang? Weil wir viel mehr Momente wirklich anwesend waren. Wir haben gelebt. Uns nicht so wichtig genommen. Geschaut, gehört, geschnuppert. Aufgenommen haben wir. Das Leben. In all seinen Facetten.

Wer den Tod fürchtet, vergisst zu leben.

Das ist es, was der Tod uns lehrt und uns immer wieder einflüstert:

Lebe!


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