hudelnGehören Sie auch zu den Menschen, die Projekte gern mal auf den letzten Drücker abwickeln? Zumindestens ab und zu? Also ich fürchte, bei mir ist das häufiger an der Tagesordnung als mir lieb ist. Und so manchesmal hadere ich mit mir, denn auch wenn ich dann in letzter Minute noch alles gebacken kriege, wäre es ja auch mal schön, das ganze ein wenig stressfreier zu haben.

Doch was muss ich da lesen? Hermann Rühle bietet in seinem Buch Die Kunst der Improvisation einen Gedanken ganz anderer Art dazu an. Das Paretoprinzip mit seinem 80/20 Verhältnis dürfte hinreichend bekannt sein. Doch von dieser Warte hatte ich es bisher noch nicht betrachtet und mir war zudem nicht in dem Maße bewusst, dass ich oft genauso arbeite:

…Das Pareto-Prinzip ist der Hebel, mit dem ich bei geringstem Kraftaufwand einen hohen Druck erzeuge. Pareto adelt das Hudeln zur sinnvollen, weil wirksamen Strategie und rehabilitiert den Deadline-Junkie. Bei den meisten Aufgaben reicht die 80-Prozent-Lösung. […] Um diese zu schaffen, kann ich erst mal einmal 80 Prozent der Zeit verstreichen lassen und anderen, schöneren Beschäftigungen nachgehen. In den letzten 20 Prozent der für die Aufgabe verfügbaren Zeit stelle ich dann das geforderte Ergebnis auf die Beine.

Hm, was sagt man dazu…? Das klingt ja fast wie die perfekte Anregung aller AufschieberInnen und Anhänger der Prokrastination das zum neuen Credo zu ernennen. Wie wir inzwischen schon häufig gehört haben, neigen vor allem Perfektionisten und kreative Menschen zum Aufschieben. Und wenn man sich die einzelnen Aufgaben mal ernsthaft betrachtet, könnte es durchaus funktionieren, diese Methode des umgekehrten Pareto – des Oterap-Prinzip (wie Rühle das in seinem Buch nennt) mal auszuprobieren.

Denn wenn Sie zurückdenken, an die Situationen in den Sie aufgeschoben und dann auf den letzten Drücker noch alles fertig gestellt haben, lehrt uns die Erfahrung, dass wir es hinkriegen. Es wäre bestimmt manchesmal mit weniger Stress verbunden, früher zu beginnen, doch vom Beendigungsstandpunkt ausgesehen, hat’s ja gereicht.

Da ich das inzwischen auch bei mir viele, viele Male erlebt habe, bin ich inzwischen relaxter wenn die Zeit vergeht und das Projekt noch immer nicht angefangen ist. Ich habe über mich gelernt, dass ich für bestimmte Arten von Projekten so und soviel Zeit brauche und es mir bei diesen am liebsten ist, wenn ich sie ganz aktuell erstellt habe und damit ganz im Thema drin bin. Das heißt faktisch, mir ist klar, wie lang die 20 % der Zeit bei mir ca. dauern. (der passende Kalauer dazu: Haut nicht immer hin, doch in 80 % der Fälle :-)

Bevor das Hudeln jedoch nun zum Allheilmittel erkoren wird, möchte ich noch einige Sachen zu bedenken geben und Einschränkungen aus meiner Erfahrung aufzeigen:

  • Wenn ich in einem Thema Verstehenslücken habe, wird hudeln nicht hinhauen. Wissenslücken lassen sich noch annähernd auffüllen, doch bei Verstehenslücken brauche ich häufig viel mehr Zeit als gedacht und meist auch jemanden, der mich unterstützt. Und das krieg in den 20 % dann meist nicht unter, weil zum einen andere selten genau in meinem benötigten Zeitfenster zur Verfügung stehen und zum anderen der Verstehensprozess Zeit braucht zum Festigen.

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  • Das Einschätzen wieviel der Zeit nun wirklich 20 % sind, braucht Erfahrungswerte. Das bedeutet, dass es erst dann Sinn macht, das “Oterap-Prinzip” einzusetzen, wenn ich mehrere gleichartige Aufgaben bereits bearbeitet habe und daraus realistisch ableiten kann, wann ich spätestens beginnen sollte.

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  • Nach außen macht Hudeln selten einen guten Eindruck. Wenn es regelmäßig zuviele Leute mitbekommen, könnte es job- und karrieremäßig schaden. Findet es eher hinter verschlossenen Türen statt, und es gehen nur die Ergebnisse nach draußen, ist dieser Teil weniger relevant.

Was sind Ihre ganz persönlichen Tricks mit Aufschieben oder Nichtaufschieben umzugehen?

Schlussbemerkung:
Was mich dazu noch sehr amüsiert hat, ist ein Zitat von Prof. Ferrari der zum Thema Procrastination forscht: “Jemandem der aufschiebt zu sagen, dass er sich einen Wochenplaner kaufen soll, ist wie wie einem chronisch Depressiven zu sagen, er solle fröhlich sein. (Psychology Today, 23 August 2003)

Und wer sich gern noch weitere Anregungen zur Kunst des Improvierens (hört sich doch auch wirklich viel besser an ;-) holen mag, sollte ruhig mal einen Blick ins Buch von H. Rühle werfen.

Bildquelle: Pixabay


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