Jetzt ist bei vielen um den Jahreswechsel und Weihnachten herum mal wieder Zeit sich gemütlich vor den Fernseher zu setzen. Vielleicht auch einen Film mehr gucken als sonst. Da mich in den letzten Wochen ein paar Filme sehr beeindruckt haben, hab ich drei davon für euch als Empfehlung dabei. Und natürlich noch einen Buchtipp.

Der Dieb der WorteDer Dieb der Worte

Die Geschichte beginnt mit einer Lesung. Der Autor Clay Hammond liest aus seinem Werk “The Words” vor. Darin geht es um einen jungen Mann, Rory Jansen, der versucht einen Roman in einem Verlag unterzubringen, was ihm allerdings nicht gelingt. Durch Zufall fällt ihm ein namenloses Manuskript in die Hände, das im Paris der Nachkriegszeit spielt. Er ist vollkommen gefesselt von dieser Geschichte. Und nur um zu spüren, wie es sich anfühlt, wenn diese wunderbare Sprache durch ihn hindurchfliest, tippt er das Manuskript Wort für Wort ab.

Auf Bitten seiner Frau – der er verschweigt, dass es nicht seine Worte sind – reicht er den Roman bei einem Verlag ein und wird damit über Nacht zu einem Bestseller-Autor. Er hat Erfolg und veröffentlicht weitere Bücher.

Eines Tages jedoch spricht ihn ein alter Mann im Park an und zeigt sich als wahrer Autor der Geschichte. Und damit tritt der Konflikt in ihm wieder zu Tage und er versucht die Dinge ungeschehen zu machen. Was sich als schwieriger erweist als es ist.

Es wird wieder zurückgeblendet zur Lesung, bei der sich Clay Hammond in einen Flirt mit einer jungen Studentin verwickelt wiederfindet. Und so weben sich alle drei Geschichten ineinander.

Wer nun ein Happy End erwartet, den muss ich enttäuschen. Der Film endet offen und lässt einen nachdenklich zurück. Einer der Schlüsselsätze aus dem Film illustriert das sehr gut: “Wir alle treffen Entscheidungen und das Schwierige ist, damit zu leben.”

Sehr sehenswert!

Last nightLast night

Ein junges, modernes Paar, das seit vier Jahren verheiratet, jedoch schon seit dem College mit Unterbrechungen zusammen ist, bildet  den Kern dieser Geschichte. Der Film umfasst etwa 36 Stunden und ist sehr intensiv und wunderbar in Szene gesetzt. Joanna Reed (Keira Knightley) kann sich auf einer Party des quälenden Verdachts nicht erwehren, dass ihr Mann Michael ein näheres Verhältnis zu seiner Kollegin (Eva Mendes) hat, als er zugibt.

Joanna wirft ihm genau das vor und stellt ihn daheim zur Rede. Michael streitet alles ab und versucht die Wogen wieder zu glätten. Am nächsten Tag steht für ihn eine Geschäftsreise an, auf der die Kollegin ebenfalls dabei sein wird. Joanna und Michael gehen einigermaßen versöhnt auseinander und so fliegt er auf Geschäftsreise und sie macht sich auf um sich einen Kaffee zu kaufen. Auf dieser kurzen Stippvisite trifft sie ihre verflossene Liebe Alex wieder. Den Mann mit dem sie während der getrennten Jahre von Michael in Paris zusammen war.

Alex ist Schriftsteller und nur kurz in der Stadt. Er will Joanna unbedingt wiedersehen. Und so verabreden sie sich zu einem gemeinsamen Abendessen mit dem Verleger-Ehepaar, das seine Bücher herausbringt. Joanna spürt wie sehr sie dem Zauber der vergangenen gemeinsamen Zeit wieder erliegt und der Abend wird zur Zerreißprobe für sie.

Zusammen gehen sie noch auf eine Party und verbringen den Rest der Nacht gemeinsam. Alex will mehr von ihr, doch sie bleibt standhaft und möchte ihren Mann nicht betrügen.

Zeitgleich befindet sich Michael, ihr Mann, mit den Kollegen beim Arbeitsessen und im Laufe des Abends kommen er und seine Kollegin sich näher. Man könnte nun meinen, dass Eva Mendes mal wieder die typische Verführerin spielt, doch weit gefehlt, denn man erfährt, dass hinter ihrer Fassade eine einsame Frau steckt, die ihre große Liebe durch einen viel zu frühen Tod verloren hat.

Und so dreht sich die Geschichte um dieses Paar und ihre Suche nach etwas von dem sie selbst nicht genau wissen, was es ist.

Auch dieser Film hat kein Hollywood Happyend. Auch er lässt uns sehr nachdenklich zurück und wie Keira Knightley im Interview auf der DVD sagt, “you wanna talk about it. Instandly” Tatsächlich möchte man wirklich sofort darüber sprechen, welcher Betrug nun schlimmer ist, der körperliche oder der emotionale.

Der Regisseurin Massy Tadjedin gelingt es, die Geschichte ohne Anklagen zu erzählen. Niemand wird verurteilt und keiner kann sich dem Unbehagen entziehen, das zeitweilig mit dem Geschehen einhergeht. Der Film wirft ein Licht auf die persönliche Geschichte jedes Zuschauers und jeder Zuschauerin, da wir selbst schon in unserem Leben mit ähnlichen Situationen konfrontiert waren. Es zeigt sich, dass das Leben eben manchmal genauso komplex und schwierig ist und wir einfach lernen müssen damit umzugehen.

Sehr empfehlenswert!

PrincesasPrincesas

Dieser Film des spanischen Regisseurs Fernando Leon de Aranoa brachte seinen beiden Hauptdarstellerinnen zwei Goyas ein.

Caye ist knapp 30 und verdient sich ihr Geld als Prostituierte. Sie hat eine kleine Wohnung und trifft sich mit ihren Freundinnen im Schönheitssalon, der zentral am Platz gelegen ist. Hier kann sie mit ihnen über all die täglichen Situationen austauschen, fröhlich sein und muss nichts verheimlichen.

Wenn sie Sonntags ihre Mutter besucht und dort auch auf Bruder und Schwägerin trifft, verschweigt sie dort ihre Arbeit und verzweifelt ein Stück an ihrer Mutter, die den Tod ihres Mannes nicht akzeptieren kann.

Die einheimischen Frauen bekommen immer mehr Konkurrenz von der lateinamerikanischen Billig-Konkurrenz die ihnen die Freier für weniger Geld wegnehmen. So ist der Ärger auch für Kaye groß, als sie mitbekommt, dass im gleichen Haus eine der Frauen eingezogen ist.

Eines Tages hört sich lautstarke Musik aus dieser Wohnung kommen und macht sich auf, die Bewohnerin zur reden stellen. Sie findet Zulema weinend und geschlagen im Bad vor und bringt sie in die Klinik. Die beiden Frauen kommen sich näher und schließen eine ungewöhnliche Freundschaft. Zulema ist ohne Papier eingewandert und hat in der dominikanischen Republik einen Sohn, der bei ihrer Mutter lebt. Sie schickt den beiden Geld, dass sie nachts im Park als Hure verdient.

Der Mann der sie geschlagen hat, hält sie mit dem Versprechen ihr Papiere zu besorgen hin und benutzt sie nach seinem Willen. Caye versucht sie davon abzubringen, sich weiter mit ihm zu treffen, doch Zulemma hat Angst und gleichzeit den großen Wunsch einfach hier bleiben zu dürfen mit ordnungsgemäßen Papieren. Die Situation eskaliert und sie landet wieder schwer verletzt im Krankenhaus.

Man könnte nun meinen, dass dies ein zutiefst ernster und trauriger Film ist, doch das ist er nicht. Er hat eine bittersüße in sich, zeigt heitere Seiten der Frauen und hat zutiefst berührende Momente. Etwa wenn Caye Zulemma fragt, ob man nach etwas Sehnsucht haben kann, dass man doch gar nicht kennt, man ihre Zerrissenheit spürt und wie sie oft mit ihrem Leben hadert.

Der Schluss ist überraschend und es bleibt offen, was als nächstes passieren könnte. Für mich war es ein unglaublich anrührender und bewegender Film, der noch lange in mir nachgehallt ist. Und ein Satz aus dem Film ist als Kleinod hängengeblieben: “Wir existieren nur, weil jemand an uns denkt”

Unbedingt ansehen!

Der Regen bevor er fällt – Jonathan Coe

Im Nachlass ihrer Tante Rosamond findet Gill besprochene Tonbänder. Damit verbunden die Aufgabe an sie, Imogen wiederzufinden. Rosamund möchte mit den Tondokumenten Imogen aufzeigen, woher sie kommt, wer ihre Geschichte geprägt hat und warum sie so früh erblindet ist.

Die Geschichte beginnt zu Kriegszeiten, als Rosamond zu ihrer Tante auf’s Land kommt und dort eine von Abweisung und Nähe geprägte Beziehung zu ihrer Cousine Beatrix aufbaut. Diese wird in ihrem späteren Leben eine Tochter bekommen, Thea. Und Imogen wiederum ist die Tochter Theas.

Diese Familiengeschichte wird faszinierenderweise anhand von 20 Fotos erzählt. Rosamond hat sie ausgesucht und beschreibt auf den Tonbändern sehr genau was darauf zu sehen ist, um für Imogen die Bilder und Szenen begreifbar zu machen.

Es entsteht ein Familienbild das von Kälte geprägt ist. Viele Unwägbarkeiten die passieren und schwierige Zeiten ziehen ihre Furchen. Die Frauen der Geschichte versuchen jede auf ihre Weise mit der Welt zurechtzukommen und es zeigt sich wiedermal, dass Familie oft das Schlimmste zum Vorschein bringt, das einem passieren kann.

Rosamond ist so etwas wie der rote Faden, der alle Stränge zusammenhält und so bewegt sich die Geschichte über jedes Foto weiter in der Zeit.

Gill hört sich die Tonbändern zusammen mit ihren Töchtern an und sie können sich dem Bann nicht entziehen, der von den Worten ihrer Tante Rosamond ausgeht. Die Versuche Imogen zu finden, gestalten sich schwierig und es ist fraglich, ob es jemals gelingen wird.

Rosamond schafft mit den gesprochenen Worten ein Erbe, das vieles in der Familiengeschichte beleuchtet. Wie es oft der Fall ist, wenn man den Älteren zuhört. Sie kennen noch Ereignisse und wissen Zusammenhänge, die in den späteren Generationen verloren gehen.

Und so ist auch dieses Buch für mich eine Mahnung daran, die eigene Geschichte zu bewahren und weiterzugeben. Mich ließ der Gedanke nicht los, mit welchen 20 Bildern ich meine Geschichte erzählen würde.

Sehr lesenwert!


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