Mit welchem Menschen würdest du lieber Zeit verbringen:
F. klagt oft über all den Stress, den sie den ganzen Tag hat. Sie hat ständig das Gefühl nicht alles zu schaffen und ist unzufrieden mit sich. Eigentlich müsste sie doch viel mehr leisten können, doch sie stößt an ihre Grenzen. Innerlich denkt sie oft über sich “du bist einfach zu schlecht, du wirst das nie hinkriegen, schon wieder hast du einen Fehler gemacht, du bist einfach zu langsam, wieso kann ich nicht so fit sein wie die Kollegin? Ich werd immer eine Niete bleiben…”
oder
G. Steht ganz schön unter Strom. Er hat viele todos auf der Liste und das schlaucht schon manchmal. Doch er ist zuversichtlich, dass er es bewältigen wird. Auch wenn mal etwas schief geht, spricht er sich selbst gut zu und nutzt seine Fehler als Möglichkeit sich zu verbessern. Seine Messlatte ist er selbst und er freut sich, wenn Kolleginnen gute Erfolge erzielen. Im Inneren zweifelt auch er manchmal, doch so wie er einen Kumpel ermutigen würde, macht er das auch mit sich selbst. Seine Gedanken gehen dann in diese Richtung: “Komm schon, du schaffst das. Ist nicht so schlimm, dass das nicht gleich geklappt hat, das kann jedem passieren. Was gibt es für Möglichkeiten das ganze zu anders anzugehen? Einfach dran bleiben und nicht aufgeben!”
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Was unterscheidet sie wirklich?
Die beiden fiktiven Personen stellen je ein Ende eines Spektrums dar. Ich bin mir sicher, dass du Frau F. Und Herrn G. In deinem Bekanntenkreis hast. Und ich bin auch sicher, dass dir eine Begegnung mit Herrn G mehr Energie und Freude bringt als mit Frau F.
Doch was genau ist eigentlich der Unterschied zwischen den beiden? Es geht um die Selbstwahrnehmung, das ist klar. Doch was genau ist anders?
Es ist das urteilen. Frau F urteilt über sich negativ und zerstörerisch. Dieses letzte, extreme Wort ist ganz bewusst gewählt. Wir haben alle mal einen Tag an dem wir so mit uns reden. Das eine Mal ist auch nicht das Problem. Zerstörerisch wird es durch seine Regelmäßigkeit. Wenn es zu einer Gewohnheit wird, so über sich zu denken. Wenn es ganz normal und natürlich wird, dass diese negativen Urteile das erste sind, was uns über uns selbst einfällt.
Welche Wirkung hat Urteilen?
Die Zerstörung nimmt ihren Beginn beim Verschlechtern des Immunusystems. Das Stresshormon Cortisol steigt und verringert damit die Fähigkeit unseres Körpers uns gegen Erreger zu wehren. Der neue Zweig der Medizin, Psychoneuroimmunologie, zeigt diese Zusammenhänge ganz klar auf.
Sie zeigt auch auf, dass positive, wohlwollende und wertschätzende Gedanken uns dabei helfen können gesund zu werden bzw. zu bleiben. Um das klar zu stellen: Wir reden hier nicht über zwanghaftes positives Denken, sondern um einen achtsamen gedanklichen Umgang mit uns selbst.
Wie ich oben eingangs gefragt habe, wird wohl jeder Mensch die unterschiedliche Wirkung von Begegnungen mit anderen erfahren haben. Je nachdem wie die innere Haltung unseres des anderen war und damit spürbare Stimmung nach außen, hat das auf uns abgefärbt.
Das liegt an den sog. Spiegelneuronen, die dazu gedacht sind uns in andere einfühlen zu können. Den Neuronen ist es im Prinzip egal was sie spiegeln, sie geben einfach weiter, was in unserem Gegenüber gerade passiert.
Wenn wir jedoch selbst ständig negativ über uns urteilen, dann haben wir nichts übernommen, sondern alles hausgemacht. Das ist erstmal nur eine Feststellung und nicht schon wieder ein negatives Urteil, um hier gleich bremsend einzuwirken.
Es ist einfach eine Tatsache, dass der andauernde negative Gedankenbeschuss in uns selbst eine Wirkung hat und wir das selbst verursachen. Was dazu führt, dass auch wir es in der Hand haben, etwas daran zu ändern.
Bist du dir Freund oder Feind?
Vielen Menschen ist jedoch gar nicht bewusst, wie sie mit sich innerlich reden. Das bedeutet der erste Schritt ist ein Wahrnehmen dessen, was du mit dir machst. Bist du dir Freund oder Feind? Redest du dir gut zu und hast Mitgefühl mit dir selbst oder machst du dich innerlich fertig und lässt kein gutes Haar an dir?
Kannst du das auf Anhieb sagen? Erinnere dich doch mal an ein Erlebnis in letzter Zeit bei dem dir richtig was schief gegangen ist. Was für Gedanken fallen dir dabei als erstes ein? Was für eine Färbung haben diese Gedanken? Wie bist du dir selbst gegenüber dabei eingestellt?
Wie gehen wir mit anderen um?
Wenden wir uns für einen kurzen Moment einem anderen Menschen zu: Wenn dieses negative Erlebnis einem guten Freund oder Freundin passiert wäre, was würdest du zu ihm oder ihr sagen? Wie würdest du dich verhalten? Welche emotionale Färbung hätten deine Worte?
Sind wir jemandem wohlgesonnen, werden wir eher ermutigen und trösten. Denn unser Wunsch ist ja, dass es dem lieben Menschen besser geht. Er eine neue Perspektive bekommt, die ihm hilft mit dieser Situation besser umzugehen und sich auf zukünftige Erlebnisse dieser Art anders einstellen zu können.
Du hast es tatsächlich in der Hand oder besser im Kopf ;)
Daher nochmal die Frage: Bist du dir Freund oder Feind?
Deine Antwort auf diese Frage, hat weitreichende Folgen. Wer sich selbst Freund ist, strahlt dieses Wohlwollen aus. Das führt im sozialen Umfeld zu einer ganz anderen Bindung mit anderen. Wir verbringen gern Zeit mit Menschen die mit sich selbst im reinen sind, das tut uns gut. Siehe obiges Stichwort Spiegelneuronen.
Das bedeutet, dass eine Hinwendung zu dir selbst im Sinne von “Freund sein”, soviel mehr an Wirkung nach sich zieht. Es stärkt nicht nur dich selbst, sondern auch dein soziales Netz. Und dieses Netz wiederum ist ein wichtiger Faktor um in schwierigen Lebenssituationen nicht auszubrennen.
Nimm doch in der nächsten Zeit mal bewusst wahr, wie du innerlich mit dir sprichst. Und wenn du merkst, dass du dir selbst Feind bist, dann überlege, was du einem Freund in der gleichen Situation sagen würdest und genau das sagst du dann dir selbst.
Sieh das urteilen einfach als Gewohnheit. Sollte es im Moment noch der Reflex zum negativen Urteilen sein, lässt sich das mit der Zeit ändern.
Entscheide dich bewusst dafür, dir selbst Freund zu sein.
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